Nahrungsmittel mit Stevia versprechen kalorienfreies Vergnügen, ohne die Zähne zu schädigen. Doch wie gesund ist Stevia wirklich? 5 Fakten
Wenn von Stevia die Rede ist, geht es meistens nicht um die Pflanze Stevia rebaudiana, auch Honigkraut genannt, sondern nur um die darin enthaltenen Steviolglycoside. Steviolgylcoside sind Süßstoffe, von denen Steviosid den größten Anteil in der Pflanze ausmacht.
Erst im November 2011 wurden Steviolglycoside als Süßstoff für bestimmte Lebensmittel in Deutschland zugelassen. Sie sind etwa bis zu 300-mal süßer als Zucker, enthalten keine Kalorien und sind hitzestabil. Sind die Steviasüßstoffe deshalb auch gesünder? Hier sind die Fakten:
1. Stevia enthält keine Kalorien
Da die Süße aus Stevia keine Kalorien enthält, wird sie auch Diabetikern empfohlen. Laut der Deutschen Diabetes Gesellschaft sei sie aber nicht besser oder schlechter als andere Zuckerersatzstoffe geeignet.
Im Netz wird in diesem Zusammenhang oft das Gerücht verbreitet, dass Stevia die Insulinausschüttung ankurbele und so zu einer Unterzuckerung führe oder Hungergefühle auslöse. So heißt es etwa, das Gehirn bekomme die Nachricht von den Geschmacksrezeptoren, dass etwas Süßes gegessen werde und gebe deshalb das Kommando, dass Insulin ausgeschüttet werden solle. Das stimmt jedoch so nicht: Mehrere Studien zeigten, dass Steviolgycoside die Ausschüttung von Insulin nicht erhöhen.
2. Stevia erzeugt kein Karies
Der Stoff wirkt nicht wie Zucker säurebildend und ruft deshalb auch kein Karies hervor. Im Gegenteil: Stevia-Extrakte können sogar eine hemmende Wirkung auf das Wachstum karieserzeugender Bakterien haben und sind in bestimmten Zahnputztabletten enthalten. Wie stark diese positive Wirkung ist, hängt jedoch davon ab, worin die Extrakte gelöst sind.
Aufpassen: Auch wenn Stevia selbst nicht schlecht für die Zähne ist, so enthalten doch die meisten Süßigkeiten mit Steviolglycosiden zusätzlich Zucker, und der wiederum schadet den Zähnen. Die Zahnärztekammer in Hessen befürchtet anscheinend, dass das Mittel auf Zahnputzmuffel wie ein Freifahrtschein wirken könne. Sie weißt deshalb darauf hin, dass der Konsum von Stevia das tägliche Zähneputzen nicht überflüssig mache.
3. Tagesdosis nicht überschreiten
Eine frühere Studie legte nahe, dass Stevia krebserregend sein und die Fruchtbarkeit von Männern verringern könne. Spätere Studien widerlegten das. Trotzdem hat die Europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit für Steviolglycoside eine duldbare tägliche Aufnahmemenge festgelegt, also eine Tagesdosis, die man nicht überschreiten sollte. Das liegt daran, dass Steviolglycoside in Deutschland als Süßstoff zugelassen sind. Die Tagesdosis wird auch ADI-Wert („Acceptable Daily Intake“) genannt. Für die Nahrungsmittelgruppen, die Steviolglycoside enthalten dürfen, sind Höchstmengen vorgeschrieben, damit der ADI-Wert nicht überschritten wird. Eltern müssen trotzdem aufpassen, dass ihre Kinder nicht zu viel Steviaprodukte essen, weil sie aufgrund ihres geringen Körpergewichtes leichter über die maximal empfohlene Tagesdosis von 4 mg Steviolglycosiden pro kg Körpergewicht kommen.
4. Süße aus Stevia ist nicht natürlich
Als Süßstoff müssen Steviolglycoside bestimmte vorgeschriebene Reinheitsanforderungen erfüllen. Dafür müssen sie verschiedene chemische Verfahren durchlaufen, bei denen unter anderem Aluminiumsalze, künstliche Stoffe, Harze und Alkohol zum Einsatz kommen. Der Süßstoff stammt also aus einer Pflanze, natürlich ist er deshalb aber nicht. Als Zusatzstoff muss er bei Lebensmitteln als „E960“ gekenntzeichnet werden. In Biolebensmitteln darf er wie grundsätzlich alle Süßstoffe nicht verwendet werden.
5. Lakritzgeschmack passt nicht immer
Stevia ist nicht nur süß, es hat auch einen Eigengeschmack, der oft als ähnlich wie Lakritz oder etwas bitter beschrieben wird. Das passt natürlich nicht in jedes Rezept hinein. Im Gegensatz zu anderen Süßstoffen sind Steviolglycoside hitzebeständig und können deshalb auch zum Kochen benutzt werden. Was aber wiederum nicht funktioniert: Sahne schlagen und Karamelisieren.
Fazit
Stevia ist nicht gesünder oder ungesünder als andere Süßstoffe. Für Menschen mit Diabetes kann es eine Alternative sein. Da neben Steviolglycosiden in Lebensmitteln meist zusätzlich Zucker steckt, sparen sie oft nur wenig Kalorien ein und sind nicht gut für die Zähne. Kinder sollten Stevia nur in Maßen zu sich nehmen. Für Erwachsene gilt: Stevia ist Geschmackssache.
Dieser Artikel erschien 2017 zuerst bei so-gesund.com.
Foto: Angelika Rusche-Göllnitz