Das Leben in der Tiefsee steckt voller Geheimnisse – und unglaublicher Kreaturen wie den Riesenasseln. Im Vergleich zu ihren Verwandten an Land, den Kellerasseln, sind sie gigantisch, denn die außergewöhnlichen Meeresbewohner können fünfundzwanzigmal so groß werden.
Riesenasseln lebten wahrscheinlich schon vor über 160 Millionen Jahren auf dem Meeresboden. Die Erforschung der Tiefsee begann allerdings erst vor etwa 150 Jahren. Bis dahin dachte man, dass Leben in der Tiefsee unmöglich sei. Einer der Beweise dafür, dass dort Tiere leben, war die Entdeckung der ersten Riesenassel 1879 im Golf von Mexiko. Das war damals eine echte Sensation.
Aufwendige Forschung und neue Funde
Selbst heute sind noch viele Fragen über die Meerestiere von der Wissenschaft unbeantwortet. Denn die Erforschung in ihrem natürlichen Lebensraum in Tiefen ab 150 Meter bis über 2000 Meter ist aufwändig und teuer. Neben der größten Art der Riesenasseln, genannt Bathynomus giganteus, sind bisher neun weitere Arten bekannt. Eine davon wurde erst 2017 gefangen und 2022 als neue Art beschrieben. Das etwa 26 Zentimeter lange Tier mit der gelblich gefleckten Oberseite bekam passend zu seinem Fundort vor der Halbinsel Yukatán den Namen Bathynomus yucatanensis. Forschende vermuten, dass Riesenasseln auf der ganzen Welt in der Tiefsee verbreitet sind.
Wie sehen Riesenasseln aus?
Wie alle Asseln besitzen auch die großen Arten im Meer einen flachen Körper, der in mehrere Abschnitte gegliedert ist, und sieben Beinpaare. Sie sind hell gefärbt zwischen hellbraun, hellrosa und hellviolett. Während Kellerasseln höchstens zwei Zentimeter groß werden, misst Bathynomus giganteus bis zu einem halben Meter und bis zu 1,7 Kilogramm. Riesenasseln gelten deshalb als Beispiel für den sogenannten Tiefseegigantismus. Das ist die Annahme, dass vergleichbare Tiere in der Tiefsee größer sind als in anderen Lebensräumen, also „gigantisch“. Allerdings stimmt diese Annahme nicht für alle Tiergruppen.
Und auch nicht alle Riesenasseln werden so riesig. Man unterteilt sie in zwei Gruppen: Die kleineren Arten sind ausgewachsen etwa 15 Zentimeter lang. Die größeren werden länger als 15 Zentimeter, oft in etwa so lang wie der Fuß eines erwachsenen Menschen.
Was fressen Riesenasseln?
Wenn tote Fische, Wale oder Oktopusse auf den dunklen Meeresboden sinken, sind Riesenasseln schnell zur Stelle. Sie ernähren sich vor allem von Aas, also Tierkörpern, die verwesen. Ist viel Aas vorhanden, fressen sie gleich soviel, dass sie sich kaum noch bewegen können. Denn oft kommt es vor, dass sie sehr lange auf Nahrung warten müssen. Die Tiefseebewohner sind jedoch daran angepasst und können lange Zeit ohne Futter überleben. In einem Aquarium in Japan soll eine Riesenassel sogar mehrere Jahre gelebt haben, ohne zu fressen. Vermutlich jagen Riesenasseln manchmal auch lebende Tiere wie Würmer oder Schwämme. In ihrem Magen wurde außerdem Plastik gefunden, das sie nicht verdauen können. Feinde haben sie nur wenige. Einmal wurde ein Exemplar im Darm eines Tigerhais gefunden.
Riesenasseln als Taxi für andere Tiere
Asseln gehören zu den Krebsen und häuten sich, um zu wachsen. Dabei platzt der harte Panzer in der Mitte auf. Der neue liegt darunter und ist am Anfang noch weich. Andere Meerestiere wie Seepocken, Schnecken und bestimmte Würmer nutzen Riesenasseln gern als eine Art Taxi und Lebensraum. Sie lassen sich einfach auf dem Körper der Riesen umhertransportieren.
Diesen Text habe ich in leicht abgewandelter Fassung für die Kinderseite vom Hagenbeck Magazin geschrieben. Dort wurde er Anfang 2023 zuerst veröffentlicht.
Foto: NOAA Photo Library via Flickr (CC BY 2.0)
Weiterlesen:
https://decapoda.nhm.org/pdfs/38866/38866.pdf
https://www.nhm.ac.uk/discover/giant-isopods-curious-crustaceans-on-the-ocean-floor.html
Video:
Riesenassel 2017 im Golf von Mexiko (NOAA Office of Ocean Exploration and Research)