Rote Sandmilbe, aufgenommen von Myriams-Fotos / Pixabay

Angeberwissen über Milben

Im Alltag beschäftigen uns Milben vor allem dann, wenn wir eine Hausstaubmilbenallergie haben. Sicher vor der Allergie sind wir übrigens in den Bergen. Über 1.500 Metern Höhe finden wir nämlich keine Milben mehr. Aber was machen die kleinen Spinnentiere auf unserer Haut, im Käse und im Bienenstock? Drei Dinge zum Weitersagen über Milben.

Milbenkäse ist eine Spezialität.

Innen bernsteinfarben bis schwarz, vom Geschmack würzig, vielleicht ein bisschen bitter. So beschreibt Helmut Pöschel den Milbenkäse, den er in seinem Heimatdorf Würchwitz in Sachsen-Anhalt herstellt. Er bewirbt ihn als den lebendigsten Käse der Welt. Denn die Milben in der Rinde vom Käse isst man mit. Helmut Pöschel stellt den Milbenkäse so her wie schon seine Mutter, seine Großmutter und seine Urgroßmutter es getan haben. Dafür nimmt er entwässerten Quark und würzt ihn mit Kümmel, Salz und Holunderblüten. Er formt daraus kleine Würste, trocknet sie in der Sonne und legt sie in eine Kiste. Etwa 250 Millionen Milben krabbeln in dieser Kiste herum. Die rund 0,3 Millimeter großen Achtbeiner bevölkern die Käsewürste und knabbern daran. Die Enzyme aus ihrem Speichel lassen den Hartkäse reifen und machen ihn halbbar. Damit die Zuchtmilben den Käse nicht komplett auffuttern, bekommen sie zusätzlich etwas Roggenmehl mit in die Kiste. Nach drei Monaten ist der Käse reif. Von anfangs 100 Gramm bleiben so am Schluss noch etwa 50 Gramm Milbenkäse übrig. Ungefähr 100.000 Milben inbegriffen. Guten Appetit.

Fast alle Menschen werden im Laufe ihres Lebens von Haarbalgmilben besiedelt.

Auf und in unserem Körper leben Millionen von Bakterien, Viren, Pilzen und anderen Kleinstlebewesen. Darunter auch die Haarbalgmilben Demodex folliculorum und Demodex brevis. Sie sind langgestreckt wie ein Wurm und nicht einmal einen halben Millimeter groß. In den Haarfollikeln der Haut, besonders im Gesicht, ernähren sie sich von Talg. Übertragen werden Haarbalgmilben durch direkten Hautkontakt, deshalb tragen fast alle Menschen ab einem gewissen Alter die kleinen Tierchen mit sich herum. Je nachdem, woher ein Mensch stammt, beherbergt er bestimmte Milben. An den Genen von Demodex folliculorum können Forschende tatsächlich erkennen, ob ein Mensch aus Europa, Asien, Afrika oder Lateinamerika stammt.

Bisher galten Haarbalgmilben im Wesentlichen als harmlos. Inzwischen werden sie aber als ein möglicher Auslöser der Hauterkrankung Rosazea gehandelt. Denn auf der Haut von Menschen mit Rosazea leben überdurchschnittlich viele Haarbalgmilben.

Milben sind ein echtes Problem für Bienen.

In jedem Herbst und Winter bangen Imkerinnen und Imker um ihre Bienenvölker. Schuld daran ist die Varroamilbe, die aus Asien nach Europa eingeschleppt wurde. Seit 45 Jahren ist sie auch in Deutschland nachgewiesen und verbreitet sich seitdem weiter. Die Milben ernähren sich von der Körperflüssigkeit der Bienen und gelten als Hauptursache für das jährliche Bienensterben. Sie schwächen die Bienen zusätzlich dadurch, dass sie krankheitserregende Viren übertragen können. Statt chemisch werden die Varroamilben inzwischen oft auch thermisch bekämpft – also mit einer Temperatur, die ihnen zu hoch ist, die die Bienen aber noch gut vertragen. Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler arbeiten an weiteren biologischen Bekämpfungsmöglichkeiten, zum Beispiel mit Hilfe von Duftstoffen.

Dieser Text wurde in vertonter Fassung zuerst 2017 in der Radiosendung Leonardo (inzwischen Quarks) bei WDR 5 gesendet.

Foto: Rote Sandmilbe, aufgenommen von Myriams-Fotos/Pixabay

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Bienen, Biologie, Ernährung, Käse, Milben, Spinnentiere, Tiere


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